Nicht ganz zu unrecht gilt Deutschland als weltweites Vorbild in Sachen Recycling. Aber auch Vorbilder haben die Pflicht, sich immer weiter zu verbessern. Und was das angeht, ist noch viel Luft nach oben. Eine Studie des INFA-Instituts aus dem Jahr 2014 hat ergeben, dass 75 Prozent der Kreise und kreisfreien Städte ihre Abfälle noch nicht auf höchstmöglichem Niveau sammeln und recyceln. Auf ganz Deutschland hochgerechnet macht das rund 7,8 Millionen Tonnen Wertstoffe, die zusätzlich aus Siedlungsabfällen gehoben werden könnten. Klare Effizienzvorgaben seitens der Politik wären eine Möglichkeit, hierfür den Weg zu ebnen. Aber unabhängig davon können jede Bürgerin, jeder Bürger und jedes Unternehmen in Deutschland durch noch konsequenteres Abfalltrennen schon jetzt zur Erhöhung der Verwertungsquote beitragen.
Die komplette INFA-Studie zum Recyclingpotenzial in deutschen Siedlungsabfällen als PDF herunterladen
Was aus deutschen Abfällen herauszuholen ist
Das von der Politik geplante Wertstoffgesetz nimmt lediglich 1,5 Prozent der Restabfälle – die „stoffgleichen Nichtverpackungen“ – in den Blick und würde so zu lediglich 5 Kilogramm pro Person mehr erfassten Wertstoffen führen. Laut INFA-Studie ist das tatsächliche Potenzial 19 Mal so groß
Als Deutschlands größter Dienstleister für Recycling nehmen wir uns beim Thema „Potenziale besser nutzen“ natürlich nicht aus. Unsere Aufgabe ist es, für alle gesammelten Wertstoffe möglichst effiziente Aufbereitungsverfahren zu entwickeln. Dies lässt sich jedoch umso besser erreichen, je sortenreiner die Wertstoffe gesammelt werden. Tatsache ist: Alles, was an Wertstoffen, also an eigentlich aufbereitbarem Material, in der Restabfalltonne landet, läuft Gefahr, für das Recycling verloren zu gehen. Nur in den seltensten Fällen verfügen die Kommunen über Sortieranlagen für Restabfall. Meistens landet das Material direkt in der Abfallverbrennung – wird also lediglich thermisch verwertet.
Wertstoffpotenzial in Deutschland
Durch eine konsequente Getrennterfassung ließen sich in Deutschland deutlich mehr Wertstoffe recyceln. Zu den hier aufgelisteten 5,3 und 1,4 Millionen Tonnen (Potenziale Restabfall und Sperrmüll) kommen weitere 1,1 Millionen Tonnen aus hier nicht aufgeführten Sammelsystemen – zum Beispiel der Eigenkompostierung
Die INFA-Studie zum Thema Siedlungsabfall deckt nicht nur Potenziale auf, sondern auch Probleme. Das vielleicht zurzeit drängendste liegt im Bereich der Politik bzw. Bürokratie. Was dringend benötigt wird, ist ein Wertstoffgesetz, das zufriedenstellend und effektiv die Getrenntsammlung von Kunststoffen, Metallen und Getränkekartons gewährleistet. Das System des Gelben Sacks bzw. der Gelben Tonne hat sich hier in den letzten Jahren als unzureichend erwiesen. Hierin werden Verpackungen aller Art gesammelt. Das ist zum einen ineffektiv, weil das eingeworfene Material aufgrund seiner unterschiedlichen Stoffe ohnehin in Abfallsortieranlagen noch getrennt werden muss. Es ist aber auch kontraproduktiv, weil es aufgrund der für Verbraucher schwer nachvollziehbaren Unterscheidung zwischen Verpackungen und Nichtverpackungen immer wieder zu Fehlwürfen kommt. Sprich: Es landet oft im Restabfall, was in der Gelben Tonne viel besser aufgehoben wäre. Mit der teilweisen Einführung der Wertstofftonne als Ersatz für die Gelbe Tonne wirkt man dem zwar entgegen, der große Wurf ist das allerdings nicht.
Nicht immer sind neue Gesetze vonnöten, um Recyclingpotenziale optimal auszuschöpfen. Manchmal würde es genügen, bestehende Vorgaben einfach nur konsequent umzusetzen. Die Biotonne ist hierfür ein gutes Beispiel. Eigentlich gesetzlich vorgeschrieben kommt sie nach wie vor nicht deutschlandweit zum Einsatz. Die Folge sind Unmengen Bioabfälle jährlich, die unnötigerweise im Restabfall landen und so nicht der organischen Verwertung in Form einer Biogasgewinnung zugeführt werden können. Vor allem Großstädte mit mehr als 2.000 Einwohnern pro Quadratkilometer tun sich bei der Bioabfallbilanz negativ hervor. Pro Bürger werden hier im Jahresdurchschnitt weit unter 30 Kilogramm Bioabfall gesammelt. Zum Vergleich: In der Stadt mit dem höchsten Wert – dem mittelgroßen Coesfeld – sind es über 180 Kilogramm pro Einwohner. In den dort ansässigen und von REMONDIS betriebenen Biogasanlagen kann so umweltschonend Wärmeenergie für 1.400 Haushalte produziert werden.
Die Bioabfallbehandlung in Coesfeld wurde 2015 in die Liste der qualifizierten KlimaExpo.NRW-Projekte aufgenommen. Mehr dazu im Kapitel Wissenstransfer
Auf Basis der Erkenntnisse zum Recyclingpotenzial in Deutschland hat REMONDIS eine eigene unabhängige Studie in Auftrag gegeben. Erforscht werden sollte, in welchem Maße sich besseres Recycling in Form von Treibhausgaseinsparungen bemerkbar macht. Das ist schon deshalb relevant, weil die Abfallwirtschaft – und damit REMONDIS – wie jede Branche zur sukzessiven Minderung ihres CO2-Ausstoßes verpflichtet ist. Einer Verpflichtung, der die Branche gemessen an den Gesamtemissionen nach 1990 übrigens besser nachkommt als jede andere. Das Ergebnis der von CUTEC und Fraunhofer UMSICHT durchgeführten Studie ist so überzeugend wie verblüffend. Die gesteigerte Erfassungsmenge des Abfalls würde zu einer Treibhausgasminderung von 1,6 Millionen Tonnen jährlich führen. Das ist so viel, wie im Lauf eines Jahres von 557.000 Haushalten emittiert wird.
Die Studie Treibhausgas- und Ressourceneinspar-potenziale als PDF-Download
Was sich durch gesteigerte Erfassungsquoten erreichen lässt
Wenn wir von Recyclingpotenzialen reden, geht es natürlich nicht nur um Siedlungsabfälle und das Ausschöpfen des aktuell Möglichen. Fast noch wichtiger ist das, was an zukünftigen Herausforderungen auf uns zukommt. Auch und vor allem auf uns als Experten für die Rohstoffrückgewinnung. Wirft man nämlich einen Blick auf die Technologiemetalle – also die Metalle, die vorwiegend im Hightech-Bereich zum Einsatz kommen –, offenbart sich großes Handlungspotenzial. Die Recyclingquote beträgt lediglich ein Prozent. Der Grund ist, dass das Recycling zum Beispiel sogenannter seltener Erden zurzeit wirtschaftlich noch wenig Sinn ergibt. Die Betonung liegt hier allerdings auf „noch“. Experten warnen inzwischen davor, dass die Versorgung mit manchen seltenen Erden über kurz oder lang kritische Formen annehmen könnte. Unter anderem auch deshalb, weil China, das über einen Großteil der weltweiten Ressourcen verfügt, über strenge Exportregulierungen bis hin zum kompletten Ausfuhrstopp nachdenkt. Es ist also geboten, sich Gedanken über ein konsequentes Recycling seltener Erden zu machen und an wirtschaftlichen Methoden zur Rückgewinnung zu arbeiten.
Beim Recycling „klassischer“ Metalle wie Kupfer und Eisen werden in Deutschland gute bis sehr gute Quoten erzielt. Bei sogenannten seltenen Erden ist allerdings noch viel Luft nach oben
Bisher werden viele Metalle fast ausschließlich als Produktionsabfälle recycelt. Im Umkehrschluss bedeutet das: Sind sie einmal in Geräten verbaut und in den Händen der Verbraucher, finden sie nicht den Weg zurück in den Stoffkreislauf. Hier fehlen schlichtweg die Sammel- und Aufbereitungsoptionen. Was benötigt wird, ist eine Recyclingwirtschaft gerade für die Metalle, die in Produkten nur in winzigen Mengen vorkommen. Dieser Aufgabe stellen wir uns, indem wir immer neue Verfahren entwickeln. Exemplarisch sind hier die hochmodernen Metallaufbereitungsanlagen unserer Tochtergesellschaft TSR zu nennen. So wurde am Standort Buchloe in Süddeutschland ein neuartiges Verfahren für Aluminiumrecycling entwickelt, bei dem kombiniert nach diversen Kriterien (Dichte, elektrische Leitfähigkeit, Form, Farbe) sortiert wird. Das Ergebnis ist Aluminiumrecycling in bisher nicht bekannter Qualität. Entwicklung findet aber nicht nur auf Technologieebene statt, sondern hat auch immer eine politische bzw. gesetzgebende Komponente. Deshalb setzen wir uns als gesellschaftlicher Akteur konsequent dafür ein, dass grundsätzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die ein solches Recycling erleichtern.
Diese Seite verwendet aktuelle Techniken, die in dem von Ihnen verwendeten Browser unter Umständen nicht korrekt angezeigt werden können.
Bitte aktualisieren Sie Ihren Internet-Explorer oder weichen auf einen anderen Browser wie Chrome oder Firefox aus.
Schließen